Die Sehnsucht nach QXY
Eine private Schilderung, wie die Reiselust vor fast 50 Jahren infizierte, und die Erkenntnis, dass es kein Mittel dagegen gibt.
Wie alles anfing...........Mit einer Ansichtskarte.
Ende der 50er......
Eines Tages klingelte der Postbote persönlich bei meinen Eltern an der Haustür. Er überreichte meiner Mutter eine Ansichtskarte mit dem Motiv des Zuckerhuts in Rio de Janeiro. Er meinte, sie sei
so schön, dass er sie persönlich abgeben wolle.
Sie war von einem Mitbewohner im Achtfamilienhaus gesendet, der als Maschinist auf einem Handelsschiff arbeitete und viel von der Welt sah.
Meine Eltern sagten immer, wenn du in der Schule gut aufpasst ,kannst du eines Tages auch solche Reisen machen. Beruflich verlief später alles anders.
Die Postkarte aber wurde das erste Exemplar einer großen Sammlung. Immer wenn ich eine neue bekam, nahm ich den Weltatlas zur Hand und suchte die Position. Das führte in kurzer Zeit dazu, das ich
der Beste im Fach Erdkunde war, so wie es damals in der Volksschule hieß.
Als Anerkennung durfte ich immer vor der Stunde in den Lehrmittelraum gehen und die passende ausrollbare Landkarte holen, die dann am Tafelständer aufgehängt wurde. Es brachte mir auch immer ein
paar Freiminuten ein.
Einige Mitschüler sagten Streber zu mir, andere bewunderten mich und fragten immer, warst du schon einmal dort ?
Nein, da will ich aber einmal hin, war immer meine Antwort.
Da es damals noch keine Gameboys oder Spielkonsolen gab, mussten wir uns anders beschäftigen. Für mich war das ultimative Spiel: Stadt, Land, Fluss....
Für die wenigen Leser, die es nicht kennen, hier eine Kurzbeschreibung:
Ein Blatt Papier worauf wir eine kleine Tabelle zeichnen und ein Stift sind die Spielgeräte. Mindestspieler sind zwei, nach oben keine Grenze. Ein Spieler sagt laut "A" und zählt dann stumm das
Alphabet weiter, bis einer Stopp sagt, dann muss er den Buchstaben nennen wo er angekommen ist, und nun wird von allen die Tabelle ausgefüllt. Stadt, Land, Fluss - man kann sie auch erweitern mit
Tier und Pflanze usw.
Alle Begriffe müssen mit dem Buchstaben anfangen, der genannt wurde.
Wer zuerst fertig ist sagt Stopp!
Bei Einzelnennung gibt es 10 Punkte, bei Mehrfachnennung 5 Punkte. Wer die meisten Punkte hat ist Gewinner.
Irgendwann fand ich kaum noch Gegner die besser waren, dann wurde das Spiel langweilig für mich, und geriet langsam in Vergessenheit.
Dann kamen die ersten Reisen:
Mit meinen Eltern ein Campingurlaub am Edersee. Danach zogen wir wie viele Deutsche wie Hannibal über die Alpen, nur in anderer Richtung.
Lido di Jesolo bei Venedig war das Ziel, wo ich mein erstes echtes Gelatti schleckte. Als Jugendlicher schloss ich mich oft Jugendgruppen an, und bereiste einige Länder Europas.
Irgendwann später heiratete ich auch eine reiselustige Frau. Mit dem 1. Kleinkind ging es dann erstmal auf die Insel Fehmarn, mehr lag nicht drin, aber der Urlaub war Spitze .Dann folgten die
ersten Flugreisen, Bulgarien, Rumänien und Tunesien und die Tochter war immer 100% frei dabei( Das waren noch Zeiten!).
Als dann später unser Sohn dabei war, reichte das Geld nicht mehr für Flugreisen.
Wir machten das Beste daraus, und knallten uns immer den Kofferraum mit Aldiprodukten voll, und fuhren soweit südlich wie es ohne Zwischenübernachtung ging nach Südfrankreich. Wir waren
neun mal hintereinander in Cap d` Agde bei Sete.
Das konnte nicht so weiter gehen, sonst wären wir hier eines Tages noch zu Ehrenbürgen ernannt worden. Wir planten schon Reisen, für die Zeit wenn die Kinder unabhängig sind und nicht mehr mit
den Alten mit wollen.
Eines Tages war es soweit. Unser Ziel war einmal auf allen Kontinenten gewesen zu sein, und in allen Ozeanen gebadet zu haben.
Jeder gibt seinen Euro nur einmal aus. Die einen für Autos und Häuser, die anderen für Reisen. Wir gehören zu den letzteren und sparen uns größere Reisen zusammen.
Im Jahr 2001 machten wir auch eine große Südamerika-Rundreise durch vier Länder, Peru, Bolivien, Argentinien und als krönenden Abschluss Brasilien mit Rio de Janeiro.
Die Fahrt im Reisebus vom Hotel zum Flughafen wurde zum einmaligen Erlebnis, nun sah ich zum ersten Mal meinen "Sehnsuchtsort", den Zuckerhut!
Am nächsten Tag sollte es mit der Seilbahn hinauf gehen. Meine Frau hatte sich aber in Iguaccu eine schwere Erkältung eingefangen und lag nun mit 40 Grad Fieber im Bett. Sie sagte "fahr allein
hinauf, es ist das Ziel unserer Reise".
Ich fuhr allein mit unserer Reisegruppe, an der Seilbahnstation sah ich das erste mal freilebende Meerkatzen. Ich genoss die Fahrt in allen Zügen, ein unbeschreibliches Erlebnis, als die
Gondeltür aufging und ich den ersten Schritt auf den Zenit meiner Träume machte.
Ein Ausblick der nicht viel Konkurrenz auf diesem Globus hat, vor allem bei klarer Sicht, die nicht oft hier ist.
Dann stand ich regungslos am Aussichtspunkt über der Copacabana.
Es kamen Gedanken, als wenn das Leben an einem vorbei rauscht.
Da war sie wieder, die Ansichtskarte vom Zuckerhut die Ende der 50iger bei uns ins Haus flatterte.
Da war es wieder, das Spiel: Stadt, Land, Fluss............
Ich ging im Kopf das Alphabet durch, und überprüfte in welchen Ländern ich schon war, die mit den Buchstaben von A-Z beginnen.
Vier fehlten noch Q,X,Y, und Z.
Im Jahr 2018 waren wir im Zuge einer Kreuzfahrt auf Zypern, also abgehakt!
Die Sehnsüchte des Reisens hören nie auf, außer ich finde die Länder mit QXY.
Die Koffermanns
Reisebericht mal aus einem anderen Blickwinkel erzählt. Etwas witzig und mit Poe+Sie.
Bitte nicht jedes Wort auf die Goldwaage legen.
Die Koffermanns sind eine ganz gewöhnliche Stoffkofferfamilie. Es sind Bag und Baggi mit ihren Kindern Trolli und Trolline.
Sie leben mit ihren Besitzern POE und SIE unter einem Dach in Hannover, oft monatelang in einem dunklen Keller.
Ein- bis zweimal im Jahr werden sie aus ihrem finsteren Dasein befreit und dann werden sie sehr lebenslustig und sogar gesprächig.
Sie plappern nach langem Schweigen alles aus, was sie mit POE und SIE erlebten.
Der Lichtschalter klickt, es wird hell - und Baggi motzt POE an.
Es wird Zeit, dass Du Dich mal wieder sehen lässt und uns hier raus holst.
Wir stehen uns schon die Rollen blutig und schlagen am ganzen Körper Falten.
Kaum ausgemotzt, liegen wir schon auf den Betten vorm Kleiderschrank.
Ein großes Gekichere geht durch den Raum, als SIE alle Reißverschlüsse öffnet- denn wir sind kitzelig.
Nun gibt es bald was zwischen die Zähne, denn wir schmachten nach einer neuen Füllung.
Das Packen ist kein Problem für SIE! Vierzig Jahre Erfahrung auf dem Gebiet merkt man ihr an. Wenn die Wäsche gewaschen und auf Häufchen sortiert ist, wird alles am letzten Abend vor der Reise an
uns verfüttert.
Zugleich kümmert sich POE um seine Spielsachen - Elektroschrott.
Volle Akkus, Ladegeräte für Foto / Cam /Handy/ Tablet / eBook / Verbindungskabel etc.
Ein Komplettsortiment vom „Wir sind doch nicht Blödmarkt!“ ist ein Fliegenschiss dagegen. Das alles und noch viel mehr bekommt Trolli unser Spielkalb.
Trollinchen, unsere Hübsche bekommt den ganzen Frauen- Pflege- und Kulturkram verpasst. Ich sage immer: „Schmierst Du Dir Nagellack auf die Rollen, setzt es was - dazu bist du noch zu jung!“
Ich, Baggi bekomme selbstverständlich nur Klamotten von SIE.
Hier beginnt aber das Drama. SIE schafft es nie, alles in mir zu verstauen.
Ca. ein Drittel der Sachen muss in Bag unterkommen, meist ihre vielen schönen Schuhe, ich könnte heulen! Ihre Schuhe in einem Männerkoffer, das ist wie Perlen vor die Säue.
Jetzt zum Schluss wird es immer ein bisschen fies. Ein Handkantenschlag, zusammenfalten und platt machen . Dieses Prozedere muss immer unser Bastard, der Rucksack erleiden, bevor er als letzter
in Bag landet.
Zur Entschädigung darf er aber später an allen Tagesausflügen teilnehmen und ist immer live dabei.
Trolli und Trollinchen haben mit 5-6 kg ihr Handgepäck-Idealgewicht gehalten.
Bag hat mit 24 kg ganz schön zugelegt. Ich schweige an dieser Stelle mal und bekomme einen hübschen Koffergurt verpasst, der mir eine schlanke Taille macht. Ohne Gurt würde auch Bag die Hose
rutschen.
Jetzt erhalten wir wie die Schlüsselkinder, unsere Papiere mit Abreise- und Zielort um den Hals gehängt. Das hat sich bewährt, denn unsere Familie wurde schon auf zwei Reisen auseinander
gerissen.
Ich wurde für Tage von meinem Mann getrennt, aber die Airline hat eine gute Familienzusammenführung organisiert.
POE ruft nun ein Taxi und wir platzen fast - vor Reisefieber!
Der Taxifahrer klingelt und wünscht mit freundliche Miene einen fröhlichen guten Morgen.
Bis er registriert hat, dass er es mit reichlich Gepäck zu tun hat, dauert ein paar Sekunden und seine Kinnlade fällt bis auf den Bauchnabel.
POE sagt: „Null Problemo! Ich packe mit zu, und wir machen uns alle ganz schmal.“ So ein Lügner, das glaubt er doch selbst nicht.
Wir treffen über zwei Stunden vorm Abflug am Flughafen ein. Denn SIE braucht immer eine zeitliche Sicherheit. Der Flieger könnte ja ohne uns starten!
Als POE den Taxifahrer mit einem halbsatten Trinkgeld zahlt, steht SIE schon wie immer als Erste vorm menschenleeren Check-in.
POE holt einen Kofferkuli und packt uns darauf. Er schreitet gemächlich mit uns durch die Abflughalle und schaut schon mal, wo es anschließend ein lecker Frühstückchen gibt.
Am Counter tut sich was. Das Licht geht an und die netten Damen bereiten alles vor. Sie fahren die PC's hoch und legen die Strichcode – Rollen ein.
Hinter uns wird die Schlange immer länger und länger.
„So, bitte treten sie nach vorn und stellen sie die Koffer auf das Band.“ Jetzt kommt der Moment, POE wird immer flau im Magen.
Wird eine Strafzahlung für Übergepäck fällig oder nicht?
Jetzt setzt POE seinen alten Bauerntrick ein! Er verwickelt die Dame in ein Gespräch.
„Es tut uns leid, das Sie wegen uns so früh aufstehen mussten.“ Die Dame antwortet lächelnd: „Das gehört zu meinen Job.“ POE hakt nach und sagt: „Sie haben aber noch den ganzen Langstreckenflug
bei engen Personalverhältnissen vor sich.“
„Ja, da haben sie Recht“, seufzt die Dame.
„Haben sie vielleicht noch zwei Plätze an der Notfalltür wegen der größeren Beinfreiheit für uns?“ „Da haben sie Glück, weil sie die Ersten hier sind“, sagt sie.
„Sie haben den längsten Flug der Lufthansa gebucht, ich wünsche Ihnen einen guten Flug.“
Bag und Baggi setzen sich langsam auf dem Laufband in Bewegung und verschwinden im unterirdischen Labyrinth der Kofferlogistik.
Der Trick mit dem Gespräch hat wie jedes zweite Mal geklappt und es wurde
kein Übergepäck berechnet.
Trolli und Trollinchen dürfen jetzt mit zum Frühstückchen.
POE sagt: „Und jetzt fängt der Urlaub an!“
Trolli und Trollinchen dürfen dann in den Fächern der Kabine mitfliegen.
Am Zielort sehen wir uns alle wieder.
Prima wir fliegen nach Lima mit gutem Klima!
So jetzt ist das Geheimnis gelüftet wo die Reise hin ging , nach Südamerika.
Wer einen normalen Bericht darüber lesen möchte dem empfehlen wir unsere Website.
http://www.vera-rolf-hehnen.de
Strandkorb - Geflüster
- Beobachtungen aus dem Strandkorb und Gedankenspielereien -
Da das Wetter in Hannover als unerträglich heiß vorhergesagt wurde,
flüchteten wir 10 Tage vor unserer Kreuzfahrt nach Warnemünde an die Ostsee.
Wir checkten im Seehotel Neptun ein, 18. Etage mit Blick zum Meer und über die Stadt. Wir sind keine Badeurlauber mehr, sondern wir lieben jetzt Rundreisen.
Nach dem Frühstück ging es sofort an den Strand. Wir hatten Glück: Strandkorb 162 in der 2. Reihe war noch frei. Es war das 1. Mal in unserem Leben, dass wir uns so ein Teil gönnten.
Am Morgen stehen alle Körbe wie die Zinnsoldaten in einer Richtung aufgestellt mit dem Rücken zum Meer. Wir sind schließlich in Deutschland und es muss alles seine Ordnung haben. Die
Gäste rücken nach ihren Bedürfnissen den Korb zurecht, Sonne, Schatten, Halbschatten.
Bei Paaren nicht immer so einfach, sie möchte meist pralle Sonne, er nur Schatten. Das Ergebnis ist meist, sie schmort im Korb in der Sonne, er liegt auf einer Decke hinterm Korb.
Wir lieben beide Schatten und drehen unseren Korb mit Blick zum Meer.
Die Terminator - Omi
Wir hatten es uns grad gemütlich gemacht, als es vor uns hektisch wurde.
Omi 70, Tochter 50, Enkel 30 (Schätzwerte) hatten sich zwei Körbe gemietet. Nach einem kurzen Arbeitsgespräch war klar, wie die Körbe auszurichten sind. Beide sollten um 180 Grad in den
Schatten gedreht werden.
Enkel sagte zu Mutti, pack mal mit an, dass schaffe ich nicht allein.
Als Mutti noch den Griff suchte um Hilfe zu leisten, riss Omi mit einem kräftigen Ruck-Schwung ihren Korb in die gewünschte Position.
So Omi, jetzt zu dir, sagte der Enkel. Siehst du denn nicht, das ich schon fertig bin du Weichei, meinte Omi mit einem Sieger-Lächeln.
Man muss wissen, dass so ein Teil ca. 150 kg wiegt. Da dreht es sich im Sand leichter, als es sich hebt. Omi muss seit Jahrzehnten Strandkorberfahrung haben.
Es war Ruhe eingekehrt und mein Blick ging aufs Meer bis zum Horizont.
Die großen Schiffe wurden immer kleiner. Die Sonne brannte und der Strandsand war heiß wie sonst nur am Mittelmeer.
Urplötzlich musste ich an das Flüchtlingsdrama dort denken. Im richtigen Land geboren, und bisher auf der Sonnenseite des Lebens, womit habe ich das verdient? Ich habe nicht bewusst etwas
dafür getan - einfach nur Glück!
Der Bodyguard
Nun kam ein Paar an den Strand. Sie, schlank und weiß, er ca. 180 kg und braun. Sie wurden begleitet von einem Bodyguard. Muskulös und langhaarig, mit einem angsteinflößenden Blick trottete
er hinter ihnen her.
Das Paar legte sich auf eine Decke vor die Strandkörbe.
Der Bodyguard legte sich sofort zwischen die beiden und ließ sich mit einem nassen Handtuch abkühlen. Danach bekam er von ihr einen Drink.
Er sagte zu ihr, ich hole mir jetzt ein kühles Bier vom Kiosk. Stand auf und ging an mir vorbei und der Bodyguard sofort hinterher.
Als sie zurück kamen, ließ Bodyguard die Zunge hängen und rot unterlaufende Augen. Ich sagte zu ihm, tragen sie den Hund doch über den kochenden Sand.
Er erwiderte, Bodyguard ist ein Begleithund für meine kranke Frau und darf nicht getragen werden, sonst wird er versaut. Mit Sonnencreme habe ich ihm deshalb die Pfötchen eingerieben.
Bodyguard stand ganz groß auf seinem Halsband, war wohl ein Mischling aus Mops und Colli und ca. 40 cm hoch. Der Hund tut mir heute noch leid.
Aber bitte mit Sahne!
Früher kannte ich Tattoos nur von Seeleuten, Schiffschaukelbremsern auf dem Rummelplatz und Leuten, die aus dem Knast kamen.
Heute ist es bei den jungen Leuten total angesagt. Arschgeweihe und Schlampenstempel sind out.
Ganzkörperkunstwerke konnte man hier am Strand in Massen sehen.
Frauen wie Männer tragen hier Tattoos im Wert von Kleinwagen zur Schau. Vorbilder sind wohl Popstars und Bundesligaspieler.
Dabei gibt es schöne, sowie auch abstoßende Motive.
Seitlich neben uns legten sich zwei Männer und eine Frau.
Sie trugen am ganzen Körper rechtsradikale Sprüche und Kampfhund-Motive. Das Paar ging ins Wasser. Der Solotyp blieb liegen und blätterte in einer Frauenzeitschrift, als plötzlich sein Handy
klingelte.
Ich konnte das Gespräch leider nicht verstehen. Kommen vielleicht gleich noch ein paar andere Glatzen an den Strand?
Als das Pärchen aus dem Wasser kam, rief er ihnen entgegen,
Oma hat angerufen, wir sollen Schlagsahne mitbringen. Sie rief zurück,
gibt es denn heute schon wieder Kuchen?
Bleibt für mich die Frage, kennt Oma die Tattoos, oder hat sie selbst welche?
Oder Opa, trug er nicht auch stolz das Tattoo, Ruhm und Ehre der baltischen Flotte? Welches heute im Alter bei geschrumpelter Haut nur als Rumbalotte zu lesen ist.
- Zwei Ohren abgekaut -
Wie auf jedem Campingplatz oder einer Gartenkolonie gibt es auch in einem Strandkorbabschnitt einen Major. Er war nur 2 Strandkörbe weiter.
Zwischen zehn und zwölf Uhr gönnte er sich im Stehen drei halbe Hefeweizen. Hatte ein Auge auf alle Neuen, die zum Strand kamen und bot seine Hilfe an.
Den Korb können sie so, oder so einstellen, Toiletten sind hier, Bier gibt es da. Sein Korb gegenüber war noch nicht bezogen, er schaute immer wieder hektisch zum Verleih - Häuschen, ob denn
bald jemand kommt.
Nun war es soweit, ein elegantes Paar schloss den Korb auf.
Warten sie, ich packe gleich mit an. Wo kommen sie her, wie lange bleiben sie, waren sie schon einmal hier?
Sie sagten wie aus einem Munde, nein, es ist das erste Mal.
Das war der Fehler ihres Lebens, denn ab sofort wurden sie zum Opfer.
Ohne Pause erzählte er die Geschichte Warnemündes, Rostocks, und der ehem. DDR.
Sein Lebenslauf blitzte zwischendurch immer auf, es fehlte nur noch sein Kontostand.
Sie wollten nicht unhöflich sein und hörten sich das ca. eine Stunde an.
Bis die Frau ihren Mann fragte, ob er mit ins Wasser kommt.
Der Major reagierte sofort, das Wasser hat nur 16,2 Grad, aber passen Sie auf den heißen Sand auf. Schlürfen sie mit den Füßen tief durch den Sand, dann kann er ihnen nichts anhaben.
Sie bedankten sich höflich für den Tipp und liefen, als wenn es um ihr Leben geht zum Wasser.
Ich dachte, was tut ihnen mehr weh? - Die Füße oder die Ohren? -
Festwochen und Grexit
In Warnemünde sind jetzt Festwochen, so wie in Kiel oder Hamburg.
Die Strandpromenade ist vollgestopft mit internationalen Fressbuden.
Um einen Mittagssnack zu nehmen, brauchen wir nicht ins Hotel.
Wir steuern einen griechischen Stand an und bestellen.
Bevor das Essen kommt gehen meine Gedanken nach Athen, Brüssel und Berlin. Die Zeit ist abgelaufen,
die letzte Frist,
Gipfeltreffen, die Banken wurden gerettet,
wer rettet die Griechen, wer rettet uns in einen vielleicht kaputten Europa.
Ich mache einen Gedankenschnitt und freue mich auf meinen Resturlaub.
Wo das Nichts zum Viel wird
Auf der Fahrt zwischen der Namib- Dessert Lodge und dem Soussusvlei war die Wüste grün. Es hatte zwei Tage zuvor geregnet, was hier schon ein Weltwunder an sich ist. Man fährt stundenlang auf
einer B-Straße ( Schotter) ohne je ein Fahrzeug zu sehen. Ein Gefühl von Einsamkeit und Herrscher der Straße überkommt einen. Ab und zu ein Berg rechts oder links, als wenn der liebe Gott
hier manchmal einen Gerölleimer ausgekippt hätte. Dann immer wieder nur grünes Flachland, welches mit goldenen Sandstreifen durchwebt schien.
Nach ca. zwei Stunden Fahrt war es Zeit für ein Päuschen. Der klimatisierte Toyota wurde zum Ausrollen gebracht, das Radio ausgeschaltet, der Zündschlüssel umgedreht.
Stille setzte ein, und nur in den Gliedern nahm man noch das Summen der Fahrerschütterungen wahr. Wir öffneten die Türen und es wurde noch stiller.
Das letzte, was wir hörten, war das Zuklappen derselbigen.
Nein, da war noch etwas, ab und zu ein metallisches Hitzegeräusch vom Abkühlen des Motors.
Und nun kam es immer leiser auf uns zu, die absolute Stille.
Ein Gefühl, das einen umgibt, ohne dass man es sofort realisiert.
Eine unbeschreibliche Taubheit auf den Ohren, welche man wohl kaum an vielen Orten dieser Welt wahrnimmt.
Es war um die Mittagszeit bei ca. 35 Grad und total windstill.
Schäfchenwolken bewegungslos wie angenagelt, noch nicht einmal Kondensstreifen am Himmel. Kein Baum, kein Blatt, welches ein Geräusch hätte auslösen können. Keine Vögel oder anderen Tiere,
die sich hier blicken ließen. Weite Ebene mit weitem Blick und ab und zu ein Berg.
Das war es, die absolute Stille, das absolute Nichts!
Je länger dieser Zustand dauerte, je mehr rasten die Gedanken durch den Kopf. Gedanken an die Zivilisation, dem Treiben, dem wir für eine halbe Stunde entronnen sind.
Es war ein Werktag im Februar, was machen jetzt die Menschen in der Heimat? Arbeiten, Stress, Shopping, Straßenlärm, Flugzeuglärm, Handyklingeln. Rennen, hetzen, eilen, Aktien kaufen, Aktien
verkaufen, Verträge schließen, Verträge brechen.
Im Stau auf der Autobahn, Stehen in der Bundesbahn oder im Bus.
Und viele, die sogar schlafen finden keine Ruhe, weil sie wilde Träume haben vom Alltagstress , Zukunftsangst und Arbeitslosigkeit.
Auf dem Meer ist es lauter, im Wald ist es lauter, am Strand ist es lauter als hier. Sogar das Ungeborene im Mutterleib hört mehr und sei es nur der Pulsschlag der Mutter.
Je länger ich in mich rein höre, kommen die Geräusche wieder, was ist das? Ich höre mein eigenes Atmen und es sagt mir, du träumst nicht.
Du solltest jetzt die Pause beenden, wieder ins Fahrzeug steigen und weiter zum weltbekannten Soussusvlei fahren, wo die 300 m hohen Wanderdünen auf dich warten.
Hier wird es schnell dunkel, was auf diesen Straßen gefährlich ist und das Ziel ist noch weit.